Im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit von Achim R. Tandler stehen expressiv-gestische Grafiken. Auffallend ist ihre plakative Sprache, die klar abgegrenzten Farben, Flächen und Konturen vor nacktem Hintergrund, der kraftvolle Strich, die Geradlinigkeit, Schnörkellosigkeit des Konzepts. Die Suche nach Unmittelbarkeit des Ausdrucks, die Konzentration auf das Elementare, Farbfläche und Strich, der Verzicht auf die perspektivische Raumdarstellung zeigt Einflüsse der „Fauves“- und „Brücke“-Maler, die Anfang des 20. Jahrhunderts mit traditionellen Raumbildern brachen und herkömmliche Sehgewohnheiten erschütterten, indem sie die schützende Distanz zwischen dargestelltem Raum und Betrachter aufhoben. Den "Brücke"-Künstlern ging es auch darum, Farbe nicht mehr als reines Äquivalent für Licht einzusetzen. Sie stellten die emotionale Kraft und den Eigenwert der unvermischten Farbe in den Vordergrund. Es ist kein Zufall, dass Achim R. Tandler wie die Künstler der "Brücke" oder der „Fauves“ auf Techniken der Druckgrafik zurückgreift. In seinem Fall ist es die Serigrafie. Diese Technik ist für ihn wesentlicher Bestandteil des künstlerischen Prozesses.
Beim Siebdruck werden die nichtdruckenden Teile des feinmaschigen Gewebes, das auf Holz- oder Metallrahmen gespannt ist, zur Farbhemmung abgedeckt. Früher bestanden diese einfachen Sperrschichten aus präpariertem Papier, das an die Siebunterseite geheftet wurde, das Motiv wurde dann scherenschnittartig herausgearbeitet. Heute haben lichtempfindliche Kopierschichten, auf die das Druckbild mit transparentem Positiv-Film aufkopiert wird, diese rein manuelle Technik abgelöst. Heute wird auch nicht mehr Naturseide zur Schablonenherstellung verwendet, sondern die wesentlich widerstandsfähigere Polyesterfaser. Aber trotz all dieser technischen Neuerungen sind es immer noch die Sperrschichten, die das Eigentliche hervortreten lassen. Sichtbarkeit und Sperrschicht bedingen einander.
Erst das NICHTS, das rundum ständig gegenwärtig ist, das uns stets umgibt und bedrängt, bedingt das Sein, bedingt die Existenz - um es mit einer Hommage an Jean Paul Sartre zu sagen. Sartre deswegen, weil er viel vom Zusammenhang zwischen dem Offensichtlichen und den Sperrschichten wusste und auf der einsamen Verantwortlichkeit unserer Spezies bestand. Sartre ist in seiner Weigerung, das allgegenwärtige Hintergrundrauschen als Freisprechung von Eigenverantwortlichkeit zu akzeptieren, aktueller denn je...
Nicht anders als Kierkegaard, Albert Camus oder Franz Kafka - allesamt Autoren, die Achim R. Tandler besonders schätzt. Allesamt Dichter einer präzisen Sprache, - einer Sprache, die gerade in dem, was sie sichtbar macht, auf das verweist, was sich gegen unser alltägliches Begriffsvermögen sperrt.
Usch Kiausch, Freie Autorin